Einmal im Jahr sitzen in ganz Europa zehntausende Menschen gebannt vor dem Computer, in der einen Hand die Tastatur oder die Maus und in der anderen Hand die Kreditkarte - und im Laufe des Vormittags ist ebenfalls in ganz Europa ein auffälliger Bluthochdruck festzustellen. Der Grund für dieses Phänomen ist allerdings nicht etwa der Verkaufsstart eines neuen Super-Smartphones oder von Sammler-Sneakern: Das Fürstentum Monaco bringt eine neue 2 Euro Gedenkmünze auf den Markt. 

In diesem Jahr fand die Jagd nach der Rarität aus dem Kleinstaat am Mittelmeer allerdings unter verschärften Bedingungen statt - denn das Fürstentum feierte den 100. Geburtstag des früheren Staatsoberhaupts Rainier III. mit einem großen Fest - und einer Aktion, die in der Welt der Münzen ihresgleichen sucht: Die Regierung verschenkte insgesamt 10.000 Exemplare der Sondermünze an ihre Untertanen. Die Vorlage eines Ausweisdokumentes sollte genügen, um in den Genuss der super-seltenen Sondermünze zu kommen.  

Rainier III. ist in fast jeder Zwei-Euro-Sammlung zu finden

Das Ereignis, das normalerweise auf die Klatschspalten von bunten People-Magazinen beschränkt ist, hat für viele Münzensammler eine besondere Bedeutung - denn Rainier III., der ehemalige Fürst von Monaco, ist in fast jeder Zwei-Euro-Münzensammlung zu finden. Die Einführung des Euros im Jahr 2002 und die ersten Münzen aus Monaco, die bereits im Sommer 2001 auf den Markt kamen, sind vielen Sammlern noch gut in Erinnerung. Die ersten Münzen aus den kleinen europäischen Staaten, insbesondere aus Monaco, waren bei den Zwei-Euro-Sammlern zu dieser Zeit äußerst begehrt und lösten regelrechte Begeisterung aus - und sie tun es bis heute.

Monaco hatte schon immer eine Sonderstellung in der Welt der Euro-Münzen inne: Das Fürstentum ist kein Mitglied der EU, führt jedoch eine Währungsvereinbarung mit Frankreich fort, die noch aus der Zeit vor der Einführung des Euro stammt. Demnach durfte Monaco bis zum Jahr 2012 eigene Euro-Münzen im Umfang von 1/500 des französischen Prägekontingents ausgeben. Seitdem gibt eine neue Vereinbarung, die vorsieht, dass ein Großteil der Monaco-Euros auch tatsächlich in den Umlauf gegeben werden muss. Aus diesem Grund prägt Monaco jedes Jahr rund eine Million Exemplare der 2 Euro Umlaufmünzen - der Rest des Prägekontingents wird für Gedenkmünzen verwendet.  

Grace-Kelly-Münze wurde zur "Blauen Mauritius" der Zwei-Euro-Münzen

Und das Sondermünzen-Programm der Monegassen hat es in sich: Eine Rarität jagt die nächste. Wer eine komplette Kollektion aller bisher erschienenen 2 Euro Gedenkmünzen seit 2004 zusammenstellen will, muss für die rund 500 verschiedenen Motive aktuell etwa 20.000 Euro aufwenden - ein Großteil davon, nämlich rund 16.000 Euro, entfällt auf monegassische Zwei-Euro-Münzen. Allein die erste Zwei-Euro-Gedenkmünze aus Monaco aus dem Jahr 2007 zu Ehren von Grace Kelly hat derzeit einen Sammlerwert von rund 4.000 Euro - diese Sonderprägung hat sich in der Zwischenzeit zu einer Legende entwickelt.  

Sie sind allerdings auch seit vielen Jahren ein wiederholter Anlass für Kritik und Unmut - denn für die meisten Sammler von 2 Euro Münzen sind die Monaco-Münzen schlichtweg unbezahlbar. Dazu kommt, dass die jährlichen Neuausgaben stets nur wenige Stunden nach dem Verkaufsstart beim monegassischen Briefmarkenmuseum restlos ausverkauft sind. Dem Vernehmen nach wird ohnehin nur die Hälfte der rund 15000 Exemplare in den freien Verkauf gegeben, die andere Hälfte wird über Händler vertrieben. 

Über 28.000 Menschen warteten - und gingen leer aus

Am 1. Juni ging diese andere Hälfte also in den freien Verkauf - und das Briefmarkenmuseum von Monaco, das jedes Jahr mit dem Vertrieb der Gedenkmünzen beauftragt wird, erlebte einen beispiellosen Ansturm: Als um 10 Uhr eine virtuelle Warteschlange eingerichtet wurde, hatten sich bereits rund 20.000 Sammler eingereiht. Als nur vier Stunden später alle Münzen ausverkauft waren, warteten immer noch rund 28.000 Personen auf ihre Chance, das begehrte Stück zum Preis von 170 Euro inklusive Versand zu ergattern - ein Schnäppchen im Vergleich zum Marktwert von rund 500 bis 600 Euro, den die 2 Euro Münzen aus Monaco in den letzten Jahren zuverlässig und mühelos erreichten. 

Dass die Monegassen in den letzten Tagen ihren Fürsten gefeiert und auch viele Menschen außerhalb von Monaco auf Rainier III. angestoßen haben, lässt sich leicht erklären: Dem Fürsten ist es zu verdanken, dass Monaco heutzutage nicht nur Münzensammlern ein Begriff ist. Er war zu Lebzeiten einer der dienstältesten Monarchen der Welt und mit 56 Dienstjahren der am längsten regierende Fürst von Monaco in der Geschichte des Landes. Die Staatsfläche wurde während seiner Regierungszeit fast um ein Viertel erweitert - und dies „friedlich“, wie die Regierung von Monaco anlässlich der Feierlichkeiten betont. Rainier III. ließ die Eisenbahn unterirdisch verlegen, eine neue Verfassung in Kraft treten, die Todesstrafe fast zwei Jahrzehnte vor Frankreich abschaffen. 62 Fernsehfestivals und 29 Zirkusfestivals gehen auf das Konto von Rainier III. ebenso wie die Mitgliedschaft in der UNO 1992 und im Europarat 2004. Zudem verfügt Monaco seit 1996 sogar über eine internationale Telefonvorwahl (+377).  

Nun kommt ein weiterer Rekord dazu: Erstmals in der Geschichte des Euro wird ein früheres Fürstenpaar in einer 2 Euro Münzensammlung vereint: Fürstin Gracia Patricia (2007) und Fürst Rainier (2023). Und es wird nicht der letzte numismatische Rekord sein, an dem Monaco mit seinem schillernden Fürstenhaus beteiligt ist.

Foto der Münze zum 100. Geburtstag von Fürst Rainier: Musee des Timbres et de Monnaies Monaco, alle anderen Fotos: Sebastian Wieschowski